6. Kapitel: Eine eigenartige Familie

 

Des Mystikers Sicht: Eine eigenartige Familie

Die Familie des Essener Novizen Yiassounai. Ein schwieriger Grieche namens Aristarkhos. Ein Unfall und eine Heilung.

  1. Hannah, die Frau des Essener Rayis Rabbi Yioakhim, gebar Elisabeth, Myriam Shalome und, durch unbefleckte Empfängnis, Maria. Elisabeth, die Frau des Essener Rayis Rabbi Zakharias, die unfruchtbar war, gebar durch unbefleckte Empfängnis Yiohannan den Täufer (Lukas 1:5-25). Myriam Shalome, die zweite Tochter von Hannah und Yioakhim, heiratete den Essener Fischer Shabbatai (Zebedäus) und gebar Yiacoub und durch unbefleckte Empfängnis, Yiohannan den Evangelisten.
  1. Maria, die jungfräuliche Mutter Joshua Immanuels, des Beni Alaha (Sohn Gottes), war die Tochter von Hannah. Hannah war zur Zeit der Geburt, zwei Jahre nachdem ihr Ehemann Yioakhim in Frieden gestorben war, schon sehr betagt.
  1. Rayis Rabbi Shamaon und Hannah hatten einen Bruder, Manasseh. Er war zwanzig Jahre jünger als Shamaon und fünfzehn Jahre jünger als Hannah. Manasseh war nur sechs Monate alt, als der Vater der drei Kinder verstarb, und als die Mutter verstarb, war Manasseh erst sechs Jahre alt. Eliezer, ein begüterter Essener Gastwirt, und dessen Frau Sarah, die unfruchtbar war, kannten Manasseh und liebten ihn sehr. Mit Shamaons Zustimmung adoptierten sie ihn.
  1. Eliezers Herberge lag an der Hauptstraße, zwei Meilen von Yerushalayim und eine Meile von der Essener Gemeinde entfernt. Die Herberge hatte einen weitläufigen Hof, der mit vier Mauern von acht Fuß Höhe umgeben war. Eine große Eingangshalle gewährte Zugang zu acht geräumigen Schlafzimmern, zwei großzügigen Aufenthaltsräumen, zwei Esszimmern und einer Küche. In der Nähe des eisernen Haupttores stand ein kleineres Gebäude mit zwei großen Zimmern für die Wächter. Am Ende der vorderen Mauer war noch ein breiteres Tor für die Wagen, Kamele und Pferde der Gäste. Die Stallungen befanden sich an der hinteren Mauer.
  1. Manasseh besuchte die Essener Schule unter der Aufsicht seines Bruders, des Rayis Rabbi Shamaon. Er sah seinen Bruder und seine Schwester sehr oft. Die Herberge war ein gutes Geschäft. Sowohl die Essener aus Palästina als auch die Beduinen stiegen gerne in dieser Herberge ab. Die Israeliten zogen es jedoch vor, in israelitischen Herbergen innerhalb der Mauern von Yerushalayim zu wohnen.
  1. Als Manasseh neunzehn war, verliebte er sich in Hayiat, die überaus schöne Tochter von Akhbar. Akhbar war ein Beduine, der Pferde züchtete. Seine erste Frau Mukkhates war verstorben. Akhbars zweite Frau Agar hasste und misshandelte ihr Stiefkind. Sie liebte nur ihre Zwillingssöhne. Akhbar nahm deshalb seine sechzehnjährige Tochter oft mit sich auf Reisen und ließ sie manchmal mehrere Tage in Sarahs Obhut. Als Hayiat einmal beinahe einen ganzen Monat in Eliezers Haus verbracht hatte, sagte Manasseh zu Akhbar, der seine Tochter abholte, dass er Hayiat liebe und sie zu seiner Frau haben möchte. Nichts war Akhbar lieber, als Manasseh zum Schwiegersohn zu haben.
  1. Manasseh und Hayiat heirateten in einer Essener Zeremonie. Der Gott der Beduinen, zu dem sich Hayiat bekannte, der Eine Wahre Gott, von ihr Allahu Patishah oder Alaha Melekh (Gott der König) genannt, war der gleiche Gott, den die Essener verehrten. Sie passte sich dem Essener Brauchtum und Lebensstil mit Leichtigkeit an. Sarah und Eliezer liebten sie wie eine Tochter und Hayiat liebte die beiden so innig, wie sie ihren eigenen Vater liebte. Ihre Liebe zu Manasseh war so groß, dass niemand je ein hartes Wort zwischen den beiden hörte; es gab nur Worte der Liebe. Manasseh und Hayiat hatten zwei Töchter, Aethra und Naomi.
  1. Zehn Jahre nach Manassehs Heirat wurde die Adoptivmutter Sarah von einem tödlichen Fieber ergriffen und starb. Eliezer konnte den Kummer des Verlustes nicht ertragen und starb sechs Jahre später. Nur zwei Jahre danach verstarb auch Hayiat, nachdem sie sechs Monate um Atem gekämpft hatte.
  1. Manasseh war untröstlich. Er wollte nicht, dass seine Töchter Aethra, jetzt achtzehn, und Naomi, fünfzehn, in der Herberge arbeiten mussten. Er besaß drei Kühe und einige Ziegen, die er zusammen mit den Mädchen versorgte. Aus dem Erlös der Milch und der Milchprodukte konnten sie leben.
  1. Manasseh hatte einen guten Essener Freund, Alexandros, der Händler war. Dieser hatte einen Sohn namens Ivikos. Seine Mutter Rachel, Alexandros‘ erste Frau, starb als der Junge erst sechs Jahre alt war. Ivikos wurde nun von seiner Großmutter erzogen. Sein Vater, Alexandros, verliebte sich auf einer Griechenlandreise in eine Griechin namens Ismini aus Thessaloniki. Sie wurde Alexandros zweite Frau. Die beiden lebten in Griechenland. Als Ivikos acht Jahre alt war, bekamen Alexandros und Ismini einen Sohn, den sie Aristarkhos nannten. Er wurde als griechischer Heide, wie seine Mutter, erzogen. Als Ivikos dreiundzwanzig Jahre alt geworden war, er hatte sich zu einem gut aussehenden Jüngling entwickelt, kam sein Vater Alexandros für ein paar Tage nach Palästina. Er schlug seinem Freund Manasseh eine Heirat Ivikos‘ und Aethras vor.
  1. Nach der Eheschließung richtete Ivikos, ein Meister der Schmiedekunst, seine Werkstatt mit seinen Blasbälgen, seinem Werkzeug und seinen Materialien im Aussengebäude beim Eingangstor des Hauses ein. Aethra, die ein sehr gutes Herz hatte, nahm Ivikos‘ Großmutter in ihre Familie auf und gab ihr eines der vielen Zimmer der ehemaligen Herberge. So konnte sie die alte Frau, deren Gesundheit nachließ, auch pflegen.
  1. Ein Jahr nach der Heirat kehrte Alexandros nach Palästina zurück, um seine ernsthaft erkrankte Mutter zu besuchen. Eine Woche nach dem Tode von Iviko’s Großmutter gebar Aethra einen Sohn, Yiassounai. Zwei Tage später kehrte Alexandros nach Griechenland zurück.
  1. Manasseh empfand große Liebe für Ivikos und Ivikos liebte Manasseh, Aethra und Naomi von ganzem Herzen. Friede, Liebe und Verständnis waren die Gaben Gottes an Manasseh, um sein Herz zu trösten, das durch den Verlust von Eliezer, Sarah und seiner geliebten Frau Hayiat tief verwundet war.
  1. Als Yiassounai sechs Jahre alt war, brachte ihn sein Großvater Manasseh täglich in die Essener Schule, die ungefähr eine Meile von der Herberge entfernt war. Jeden Abend holte er ihn wieder ab und brachte ihn nach Hause. Die Schule stand unter der Aufsicht des Rayis Rabbi Ephraim, eines Neffen des Eliezers. Yiassounai war zehn Jahre alt, als Ephraim Ivikos vorschlug, den Jungen Gott zu weihen als Novizen für das Essener Rabbinat. Ivikos war damit einverstanden, nachdem er seinen Sohn gefragt hatte, ob ihm das Freude bereiten würde.
  1. Als Novize für das Rabbinat trug Yiassounai ein loses, weißes Gewand, das bis zu den Knöcheln reichte, und immer ein weißes schalenförmiges Käppchen. Während fünf Tage in der Woche lebte er im Tempelgelände, besuchte den Unterricht in der Essener Schule und die Gottesdienste im Tempel. Es war seine Aufgabe, den Tempel und die Synagoge zu reinigen und sich um den Garten zu kümmern. Yiassounai, ein Junge von nur zehn Jahren, hatte sein ganzes Herz Gott geschenkt.
  1. Ein Jahr später starb im weit entfernten Thessaloniki Ismini, die zweite Frau von Yiassounais Großvaters Alexandros. Ismini und ihr Sohn Aristarkhos, der noch nie gearbeitet hatte und sich Philosoph nannte, führte ein luxuriöses Leben.
  1. Nach dem Tode seiner Frau, entschied sich der verarmte Alexandros, mit seinem unerzogenen, faulen Sohn nach Palästina zurückzukehren. Er hielt es für Ivikos ’Pflicht, für sie aufzukommen. Als sie ankamen, war Yiassounai im Novizenheim des Tempels. Ivikos hieß seinen Vater sehr liebenswürdig willkommen und gab ihm und seinem Halbbruder die besten Zimmer im Hause. Aristarkhos vergalt Ivikos ’Gastfreundschaft dadurch, dass er alle wie Dienstboten behandelte. Oft schrie er Naomi an und über häufte sie mit Befehlen. Weder vor den Israeliten noch vor den Essenern hatte er Respekt; er nannte sie „dumme Barbaren“.
  1. Es bereitete Manasseh großen Kummer, seinen alten Freund Alexandros so sehr verändert zu sehen; er war kein Essener mehr; er war ein Grieche. Yiassounai kam nach Hause und ging geradewegs ins Zimmer des Großvaters, um ihn willkommen zu heissen. Alexandros fühlte sich nicht gut und lag im Bett. Yiassounai küsste seine Hand und erwartete seinen Segen; doch Alexandros starrte ihn nur wortlos an und der Junge verließ ihn verwirrt und enttäuscht.
  1. Aristarkhos traf Yiassounai im Wohnzimmer und brach in schallendes Gelächter aus. Er sagte: „Jason, zieh dieses lächerliche Gewand aus.“ Er zerrte das weiße Käppchen vom Kopf seines Neffen und warf es zu Boden. „Onkel“, sagte Yiassounai, „mein Name ist nicht Jason. Ich bin kein Grieche. Ich bin ein Essener und mein Name ist Yiassounai. Onkel, das Gewand eines Essener Novizen ist nicht lächerlich, sondern heilig und es ist eine große Ehre es zu tragen. Das Käppchen, das du zu Boden geworfen hast, ist ein Symbol für reine Gedanken.“ Wie er so sprach, kam Naomi ins Zimmer. Sie hob das Käppchen auf, küsste es und gab es Yiassounai, der es auch küsste und wieder aufsetzte. Aristarkhos kochte vor Wut. „Jason“, schrie er, „natürlich sehe ich, dass du kein Grieche bist. Du kleidest dich wie irrsinniger Essener Barbar! Gehe sofort und ziehe diese Kleider aus!“ Yiassounai antwortete sehr ruhig: „Onkel, mein Name ist Yiassounai und ich bin stolz ein Essener Novize zu sein. Ich bin ein Essener. Ich bin kein griechischer Götzenanbeter.“ In großem Zorn versetzte Aristarkhos dem Jungen einen Schlag mit all seiner Kraft. Yiassounai nahm die Hand seines Onkels, küsste sie und sagte: „Ich hörte meinen Vielgeliebten sagen: „Wer dich auf die Wange schlägt, dem halte auch die andere hin.“ Onkel es tut mir leid, dass ich die Ursache deines Zornes bin.“ Und wiederum küsste er Aristarkhos ’Hand.
  1. Naomi war zu Ivikos gelaufen und hatte ihm erzählt, was geschehen war. Er kam rasch, umarmte und küsste Yiassounai und sagte: „Yiassounai, dein Onkel liebt dich. Du musst vergessen, was diese üble Stunde über unser Haus gebracht hat.“ Mit Tränen in den Augen sagte Yiassounai: „Vater, ich liebe meinen Onkel. Ich habe ihm das auch gezeigt. Ich habe seine Hand geküsst. Du hast mich nie geschlagen, Vater, “ sagte er mit zitternden Stimme und verließ das Zimmer. „Dein Sohn ist geisteskrank“, sagte Aristarkhos, „er ist wirklich verrückt.“ Lächelnd sagte Ivikos, jedoch ohne seine Bitterkeit zu verstecken: „Mein Bruder, du kannst nicht verstehen, wie ein Essener Novize fühlt. Yiassounai ist nicht geisteskrank. Er ist ein Essener Engel. Ich bitte dich netter zu ihm zu sein.“
  1. Ivikos, der seinen Vater und seinen unhöflichen Bruder liebte, bat alle in seinem Haushalt, Streit mit den beiden zu vermeiden. Manasseh antwortete, dass ihm Ivikos Vater Kummer bereite. Er könne seinen alten Essener Freund kaum wiedererkennen; Ivikos ‘Vater und sein Halbbruder seien zwei ungesittete, heidnische Griechen, die glaubten alle hätten ihnen zu dienen. Aristarkhos sei nichts anderes als ein fauler, eingebildeter Schmarotzer. Immerhin, Ivikos zuliebe würde er den beiden gegenüber sehr tolerant sein. Die gutmütige Aethra war sehr liebevoll zu ihnen. Sie diente ihnen ohne Klage trotz ihres hässlichen Benehmens. Aus Liebe zu Ivikos pflegte Naomi Alexandros mit großer Hingabe und entschuldigte sein schlechtes Betragen mit seiner Krankheit.
  1. Yiassounai war fünfzehn, als sein Großvater starb. Aristarkhos bestand darauf, ihn nach griechischem Brauch in Ivikos‘ Garten zu beerdigen. In der Gegenwart von Ivikos, Aristarkhos und einigen in Palästina lebenden Griechen wurde Alexandros von einem heidnischen griechischen Priester bestattet. Manasseh, Yiassounai, Aethra und Naomi nahmen an der Zeremonie nicht teil. Rayis Rabbi Ephraim war entsetzt, als er vom heidnischen Begräbnis hörte, und tat Ivikos sein Missfallen kund. Nach der Beerdigung wurde Aristarkhos‘ Benehmen noch schlimmer; er war laut, beleidigend, fordernd und befehlend. Ivikos war nicht gewillt sich auf eine Auseinandersetzung mit ihm einzulassen und bat deshalb die anderen um Toleranz.
  1. Zwei Monate später, am ersten Sabbat des Monats, ging Manasseh in das Novizenheim des Tempels. Er bat Yiassounai, nach Vesper – einen Tag früher als üblich – mit ihm nach Hause zu kommen, um seinem Vater zu helfen ein schmiedeeisernes Tor zu reparieren. Ivikos musste es am nächsten Tag früh morgens nach Yerushalayim bringen. Es war Yiassounais Aufgabe den Blasbalg zu betätigen, der das Feuer schürte.
  1. Ivikos und Yiassounai arbeiteten bis tief in die Nacht hinein. Morgens um zwei schickte Ivikos seinen Sohn ins Bett. Um vier Uhr erwachte der Junge vom Schall des Hammers, der rotglühendes Eisen schmiedete. Rasch streifte er ein Hemd über und eilte in die Werkstatt. Yiassounai löste Manasseh am Blasbalg ab, damit dieser die beiden Kühe und die vier Ziegen melken konnte.
  1. Morgens um acht Uhr luden Manasseh und Ivikos das eiserne Tor auf den Wagen. Yiassounai wusch sich und zog sein Novizen Gewand und das Käppchen an. Dann verrichtete er seine Gebete zu Alaha. Wie gewöhnlich erwachte Aristarkhos schlecht gelaunt. Er schrie Naomi an, er wolle Ziegenmilch zum Frühstück, nicht Kuhmilch! Geduldig erklärte ihm Naomi, dass die Milch Ziegenmilch sei. Aristarkhos antwortete, indem er sich laut beklagte, die zwei gesottenen Eier, die sie ihm serviert habe, seien zu weich. Yiassounai, der das alles mithörte, gab sich alle Mühe die Ruhe zu bewahren. Der faule Mensch tat nichts, um sein tägliches Brot zu verdienen, und doch verlangte er, dass jeder ihn bediene. Nichts war gut genug für Aristarkhos! Dann brüllte er nach Yiassounai, er solle augenblicklich in sein Zimmer kommen. Zögernd gehorchte der Junge.
  1. „Jason“, sagte Aristarkhos zu Yiassounai, „du weisst genau, dass ich dich nicht in diesem langen, weissen Gewand und mit dieser lächerlichen Kappe sehen will. Zieh dieses Kleid aus und kleide dich, wie es sich gehört. Du musst ein Grieche sein und kein barbarischer Essener. Du musst ein Philosoph sein – wie ich! Verstehst du mich?“
  1. Yiassounai stimmte sich auf seine Seele* ein und schwieg. Dann schaute er seine Onkel, diesen trägen Griechen mitleidig an und sagte: „Onkel, mein Name ist Yiassounai und nicht Jason. Mit großem Stolz trage ich die Kleidung eines Novizen. Ich bin für das Rabbinat vorbestimmt und verehre Alaha, den Einen Wahren Gott. Du musst verstehen, Onkel. Ich bin ein Essener. Ich bin kein griechischer Götzenanbeter.“ Dies brachte Aristarkhos in Wut. Er schlug Yiassounai mit aller Kraft ins Gesicht. Ruhig sagte Yiassounai: „Onkel, du stellst die Geduld von uns allen auf eine harte Probe und du missbrauchst die Liebe und Güte meines Vaters. Wenn du glaubst, dass du ein Philosoph bist, betrügst du dich selbst. Du bist nur ein fauler Mensch, der zu nichts taugt, – ein Grieche ohne Manieren.“
  1. Aristarkhos stürzte sich auf Yiassounai und schlug mit Fäusten in sein Gesicht bis seine Nase und seine Lippen bluteten. Yiassounais rechtes Auge war blutunterlaufen und das weiße Gewand war blutbefleckt. Yiassounai sagte ganz ruhig: „Onkel, du hast Glück, dass ich ein Essener bin und kein Grieche wie du.“ Weinend führten Aethra und Naomi Yiassounai aus dem Zimmer und versuchten die Blutung zu stoppen. Aristarkhos‘ heftiger Zorn ließ noch nicht nach er zerschmetterte alles, was ihm in die Finger kam.
  1. Bei Ivikos‘ und Manassehs Rückkehr erzählte Naomi ihnen, was während ihrer Abwesenheit vorgefallen war. Manasseh war wütend und bei Ivikos stellte sich große Bitterkeit ein. Als Ivikos seinen Sohn mit dem geschwollenen und geschundenen Gesicht sah, umarmte er ihn liebevoll und sagte: „Mein Lieber, muss ich ihn jetzt wegschicken?“ „Nein, Vater“, sagte Yiassounai, „obwohl dein Bruder ein Nichtnutz ist, unfähig sein Brot zu verdienen, musst du für ihn sorgen. Alaha hat ihn zu uns gesandt. Du musst dich darauf besinnen, wer wir sind: Wir sind keine Griechen; wir sind Essener. Lasst und jetzt zu ihm gehen. Beruhige dich bitte, Vater.“
  1. In Aristarkhos‘ Zimmer nahm Yiassounai die Hand seines Onkels und sagte: „Onkel, ich liebe dich. Wenn ich etwas gesagt habe, das dich in solche Wut versetzte, vergib mir. Aber bitte, von nun an höre auf, mir deine Meinung aufzudrängen. Ich habe nie versucht aus dir einen Essener zu machen und du hast kein Recht mich zu verändern. Ich bin ein Essener.“
  1. Zu seinem Vater sagte Yiassounai: “Vater, wenn meine Gegenwart hier in dieser Kleidung meinen Onkel stört, kann ich die ganze Woche im Novizenheim bleiben. Meine Mutter und du, mein Großvater und Naomi, ihr alle könnt mich dort besuchen.“ Weinend umarmte Ivikos seinen Sohn und schluchzte: „Mein Sohn, sage das nicht. Hier ist dein Zuhause, hier wurdest du geboren. Du hast Leben und Freude in dieses Haus gebracht. Dein Onkel ist unser Gast. Er liebt dich und du liebst deinen Onkel!“ Yiassounai wandte sich an Aristarkhos. „Onkel“, sagte er, „das Blut auf meinem Gewand ist dasselbe Blut, das in dir fließt. Ich respektiere das Blut, das uns verbindet. Wenn du meinen Vater, deinen Bruder, und meinen Großvater, deinen Vater, liebst, dann musst du das gemeinsame Blut respektieren. Onkel, ich liebe dich.“
  1. Zwei Wochen später gab Joshua Immanuel dreißig Jüngern (der Gruppe von siebzig Asa-Jüngern) in Yerushalayim Unterweisungen über das Heilen. Es war Yiassounais Aufgabe, die Synagoge dafür vorzubereiten. Er hatte die Erlaubnis bekommen an der Unterweisung teilzunehmen, um als Asa (Heiler) ausgebildet zu werden. Der Bluterguss an seinem Auge zeugte immer noch vom heftigen Angriff seines Onkels.
  1. Aristarkhos hatte sich zu einem frühmorgendlichen Ausritt mit Ermis, einem griechischen Freund, entschlossen. Sie wollten einen anderen griechischen Freund besuchen, der mehrere Meilen entfernt auf dem Lande wohnte. Ivikos und Manasseh waren in der Schmiede beschäftigt, als der Besitzer der Pferde für Aristarkhos und Ermis am Haupttor stehen ließ und wegtritt. Als die beiden Reiter die Pferde besteigen wollten, scheute eines der Pferde und versetzte Aristarkhos einen tritt in den Magen, der ihn auf einen Steinhaufen warf.
  1. Manasseh, Ivikos und Ermis eilten zu dem bewusstlosen Mann um ihm zu helfen. Sie trugen ihn vorsichtig in sein Zimmer Ivikos und Ermis fuhren in großer Hast in einem Wagen nach Yerushalayim um einen griechischen Arzt zu holen. Manasseh und Aethra blieben am Bett des Verletzten.
  1. Genau in diesem Augenblick unterbrach Joshua abrupt den Unterricht in der Synagoge, eine Meile vom Unfallort entfernt. Yiassounai saß mit den andern Jüngern zu seinen Füssen. Joshua gab ihm ein Zeichen, ihm zu folgen. In seinem göttlichen erweiterten Selbst-Gewahrsein hatte Joshua den Unfall gesehen und die Gedanken der beteiligten gelesen. Zu Yiassounai sagte er: „Yiassounai, vor einigen Minuten hat ein Pferd deinen Onkel in den Unterleib getreten und zu Boden geworfen. Er ist bewusstlos. Er hat vier Rippen, seinen Oberschenkel und einen Knochen in seinem rechten Arm gebrochen. Er hat innere Blutungen. Zieh deine Sandalen an und laufe zu ihm. Er stöhnt in großen Schmerzen. Wenn du eine Abkürzung nimmst, ist der Weg weniger als eine Meile lang. Du musst dich beeilen. Du weisst, was zu tun ist.
  1. Fülle deinen Körper mit smaragdgrüner Lebenskraft und visualisiere, wie du sie durch deine rechte Hand in den Körper deines Onkels fließen lässt. Lege deine linke Hand auf die Stirne deines Onkels und mit der rechten Hand fährst du sanft über seinen Arm. Du füllst ihn mit der smaragdgrünen Lebenskraft und visualisierst ihn in vollkommener Gesundheit. Dann legst du deine linke Hand über das Herz deines Onkels und mit der rechten streichst du sanft über die Rippen auf seiner rechten Seite. Du visualisierst sie gesund und stark. Nun füllst du den Bauch deines Onkels mit smaragdgrüner Lebenskraft. Dein Großvater wird dir helfen das rechte Bein zu strecken – mit deiner Liebe und deiner Willenskraft bringst du die Schmerzen zum Schweigen. Streiche sanft über die Oberschenkelknochen und visualisiere ihn ganz heil. Dann sagst du zu deinem Onkel, er soll aufstehen. Er wird gesund und stark sein. Ich werde mit Dir sein. Geh jetzt. Du musst dort sein, ehe dein Vater, Ermis und Pericles – so heisst der Arzt – von Yerushalayim zurück sind. Und – Yiassounai, überbringe deinem Großvater, deiner Mutter und Naomi meine Liebe. Geh!“
  1. Yiassounai rannte den ganzen Weg und betete ohne Unterlass zu Alaha. Er fand Manasseh und seine Mutter; beide weinten, da sie nicht wussten, was sie tun sollten. Yiassounai befolgte die Anweisungen, die ihm sein vielgeliebter Joshua Immanuel gegeben hatte. Dadurch wurde sein Onkel Aristarkhos vollständig geheilt. Sein Großvater, seine Mutter und seine Tante umarmten und küssten Yiassounai, als er erzählte, dass Joshua ihnen seine Liebe schicke.
  1. Aristarkhos war verblüfft. Wie benommen starrte er seinen Neffen an und wunderte sich, ohne jedoch ein einziges Wort des Dankes über die Lippen zu bringen. Yiassounai hatte das Haus verlassen, ehe die Hilfesuchenden mit dem Arzt aus Yerushalayim eintrafen. Nur Ivikos verstand, was geschehen war. Pericles, der sah, wie sein Patient offensichtlich ohne Schmerzen gehen konnte, dachte, dass alles nur ein dummer Irrtum gewesen sei.
  1. Zurück im Tempel fand Yiassounai Joshua allein. Er sagte zu seinem Vielgeliebten: „Mein Herr Shaddai El und mein Geliebter, ich fühle dich in meinem Körper, in jedem Körperteil, wie ein angenehmes, warmes Erschauern, das auch in meinem Herzen war. Ich danke dir, mein Vielgeliebter Gott-Mensch.“
  1. Nur ein Jahr später war Aristarkhos mit einigen griechischen Freunden – spaß halber – mit in der Volksmenge der Israeliten, die Pilatus zuschrien: „Kreuzige ihn! Kreuzige ihn!“ Und derselbe Aristarkhos wurde oft in den Arenen gesehen, in denen Griechen und Römer damals ihre brutalen Instinkte auslebten und sich am Anblick der zu Tode gefolterten Menschen ergötzten.
  1. *)Yiassounais Seelen-Selbst war in seiner Menschwerdung inkarniert gewesen als der ägyptische Prinz Khor-Aton, ein Hierophant, der den Einen Geist-Gott ATON verehrte. Sein Seelen-Selbst war ebenfalls inkarniert gewesen als israelitischen Propheten Daniel und Samuel, und – im 5. Jahrhundert v. Chr. – als der griechisch-ägyptische Philosoph und Hierophant Baal-Aton (Platon), der auch dein Einen Geist-Gott ATON verehrte.

Aus dem Buch: Joshua Immanuel der Christus: Sein Leben auf Erden und seine Lehre
Dr. Stylianos Atteshlis – bekannt als Daskalos
Herausgeber: The Stoa Series P.O.Box 8347, 2020 Nicosia – ISBN 9963-8162-3-1und Hierophant Baal-Aton (Platon), der auch den Einen Geist-Gott ATON verehrte.

7. Kapitel – In Kana