Aus dem Tolstoi Kalender der Weisheit – 21. Dezember – Gebet
Eine Persönlichkeit ist eine Beschränkung; daher ist Gott, wie wir ihn verstehen, keine Persönlichkeit. Das Gebet ist unsere Ansprache an Gott, aber wie können wir jemanden ansprechen, der keine Persönlichkeit hat? Ich spreche Gott an, als wäre er ein Mensch, obwohl ich weiss, dass dem nicht so ist. Tolstoi
Auf der höchsten Bewusstseinsstufe ist der Mensch allein. Eine solche Einsamkeit kann sonderbar, ungewöhnlich, ja auch schwierig erscheinen. Törichte Menschen versuchen, sie durch die verschiedensten Ablenkungen zu vermeiden, um von diesem erhabenen zu einem niedriger gelegenen Ort zu entkommen. Weise hingegen verharren mit Hilfe des Gebets auf diesem Gipfelpunkt. Tolstoi
Wenn ein Mensch tief in einer Mine begraben liegt, mitten im Eis vor Kälte erfriert, allein auf dem offenen Meer vor Hunger stirbt, einsam in einem Kerker dahinsiecht oder einfach taub und blind zu Hause dem Tode nah ist – wie könnte er die ihm verbleibende Zeit ertragen, wenn es das Gebet nicht gäbe? Tolstoi
Jemand kann ohne Gebet leben, wenn er entweder von seinen Leidenschaften besessen ist oder sein Leben Gott voll und ganz widmet. Für denjenigen aber, der seine Leidenschaften bekämpft und noch weit davon entfernt ist, seine Pflicht zu erfüllen, ist das Gebet eine notwendige Bedingung zum Leben. Tolstoi
Wie viel könnte aber auch ein jeder von uns berichten, wenn er dankbar sich an die empfangenen Wohltaten erinnert und Gott dafür Dankgebete darbringen will. Denn Menschenseelen, die lange Zeit unfruchtbar geblieben waren und die Dürre der eigenen Vernunft und die Unfruchtbarkeit ihres Denkens wahrgenommen hatten, sind infolge anhaltenden Gebets vom Heiligen Geist befruchtet worden und haben heilsame Worte, erfüllt von Lehren der Wahrheit, hervorgebracht. Origines